Mit dem Lehrplan 21 wird nun auch der Sportunterricht kompetenzorientiert gestaltet. Was bedeutet dies für den Sportunterricht? Ist der Sportunterricht nicht bereits von Natur aus kompetenz- und handlungsorientiert? Und wie erkenne ich kompetenzorientierter Sportunterricht? All dies findest du im Folgenden in Form einer kurzen Handreichung.
Kompetenzorientierter Sportunterricht erkennen
Um die Frage beantworten zu können, wie kompetenzorientierter Sportunterricht erkannt wird, muss zuerst der Kompetenzbegriff definiert werden. Der deutsche Pädagoge Heinrich Roth meint, dass Mündigkeit als Kompetenz zu definieren ist. Diese Mündigkeit besteht aus drei Kompetenzen: Selbstkompetenz, Sachkompetenz und Sozialkompetenz (Roth, 1971, S. 180). Er beschreibt dabei die drei überfachlichen Kompetenzen.
Franz E. Weinert geht noch einen Schritt weiter. Er definiert den Kompetenzbegriff als ein handelnder Umgang mit dem Wissen. Der Kompetenzbegriff setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Dabei handelt es sich nicht nur um das Aneignen von Wissen, Gelerntes und Erfahrenes in bestimmten Situationen zu aktivieren, sondern auch um Fähigkeiten und Fertigkeiten, es in unterschiedlichen Situationen erfolgreich anzuwenden. Zusätzlich soll die Bereitschaft und die Fähigkeit ausgebildet werden, eine Aufgabe oder Herausforderung verantwortungsvoll und zielorientiert zu bewältigen (Weinert, 2014).
Dieses Kompetenzverständnis wird mit dem Lehrplan 21 auf eine neue Ebene gebracht. In einem kompetenzorientierten Unterricht sollen Schülerinnen und Schüler durch ihr bestehendes Wissen und ihre verfügbaren Fähigkeiten, Probleme lösen und diese in variablen Stationen adaptiv nutzen können. Dadurch erlangen die Lernenden Selbsterkenntnis. Sie können die Aufgaben des Lebens reflektiert angehen, bewältigen und sich dabei in die Gesellschaft einbringen (Weinert, 2001, S.25). Kurz gesagt: Kompetenzen sind verfügbare Fertigkeiten und Fähigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, um so die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.
Was bedeutet dies nun für den kompetenzorientierten Sportunterricht? Der Sportunterricht wird in den Lehrplänen als „Bewegung und Sport“ bezeichnet. Das Fach Bewegung und Sport trägt zu einer vielseitigen Bewegungserfahrung bei. Darunter das Zusammenspiel von Geist und Körper zur Bildung und Erziehung Heranwachsender (Baumberger, 2017, S. 152). Das Fach „Bewegung und Sport“ ist von Natur aus tendenziell handlungsorientiert und Können basiert. Trotzdem muss die Lehrperson gewährleisten, dass sich der Unterricht an den Kompetenzen orientiert. Da die Kompetenzen nicht sichtbar sind, müssen sie über die gezeigte Performanz erschlossen werden. Konkret bedeutet dies, dass es nicht nur um die Vermittlung von Wissen in Form von motorischen, kognitiven und sozialen Lernzielen gehen soll, sondern die genannten Kompetenzen in Form von Fähigkeiten, Fertigkeiten, Bereitschaften und Haltungen auszubilden sind (Kurz & Gogol, 2010, S. 240). Diese Kompetenzen sollen die Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Anwendungssituationen verantwortungsvoll und erfolgreich zeigen und anwenden können.

Der Lehrplan 21 spricht beim Sportunterricht von einem mehrperspektivischen Unterricht. In einer Grafik (vgl. Abb. 1) zeigt er die angestrebten Kompetenzbereiche, sowie die verschiedenen pädagogischen Perspektiven, übersichtlich auf. Die sechs Kompetenzbereiche werden mit den pädagogischen Perspektiven verflochten. Die Grafik zeigt auf, dass grundsätzlich jede pädagogische Perspektive mit jedem Kompetenzbereich verknüpft werden kann.
Die DVS Luzern (2017) hat Qualitätskriterien für einen kompetenzorientierten Sportunterricht erarbeitet. Diese stehen im Zusammenhang zu der Abbildung. Verbindet man die Qualitätskriterien mit den pädagogischen Perspektiven, so können Indikatoren (vgl. Tab. 1) formuliert werden, welche die Kompetenzorientierung im Sportunterricht im Kern ausmachen. Die Aspekte von Wissen, Wollen, Können, Dürfen und Handeln aus der Definition von Weinert, sind dabei in diesen Indikatoren integriert.

Handlungsinstrument
Die folgende Tabelle ist ein Instrument für Lehrpersonen, um effizient überprüfen zu können, ob ihr Sportunterricht kompetenzorientiert ist. Anhand eines eifachen Rasters werden die oben genannten Indikatoren aufgezeigt und nachprüfbar. Die Tabelle funktioniert wie eine Checkliste. In der Titelzeile ist der Lernstoff in die verschiedenen Kompetenzbereiche unterteilt. In der Titelspalte sind die Indikatoren aufgelistet. Um einen kompetenzorientierten Sportunterricht zu gewährleisten, muss in jeder Zeile mindestens ein Kreuz gesetzt werden.
Die Tabelle kann variantenreich eingesetzt werden. Sie unterstützt die Lehrperson bei der Planung des Sportunterrichts, indem der Lernstoff übersichtlich und kompakt dargestellt ist. Ausserdem kann die Tabelle hilfreich sein bei einer Planung eines variantenreichen Sportunterrichts über mehrere Wochen. Die Tabelle ist eine Vereinfachung der Gestaltung des Sportunterrichts, da sie die Suche nach einer passenden Thematik im Sportunterricht einengt und gleichzeitig die Gewissheit eines kompetenzorientierten Unterrichts gewährleistet. Ist die Lektion fertig geplant, so kann mit der Tabelle überprüft werden, ob alle Indikatoren in der Planung berücksichtigt wurden. Ausserdem unterstützt die Tabelle die Lehrpersonen bei der Reflexion ihrer Sportlektionen und dies führt zusätzlich zu einer stetigen Verbesserung des Unterrichts.

Literaturverzeichnis
Literaturangaben
Baumberger J. (2017). Kompetenzorientierter Sportunterricht. Eine explorative Studie an Primarschulen zur Umsetzung des Lehrplan 21 Bewegung und Sport. Aachen: Meyer & Meyer Verlag
DVS Luzern, Qualitätskriterien Kompetenzorientierter Unterricht, 2017-219
Kurz, D. & Gogol, A. (2010).Standards und Kompetenzen. In N. Fessler, A. Hummel & G. Stibbe (Hrsg.), Handbuch Schulsport. Schorndorf: Hofmann
Roth, H. (1971). Pädagogische Anthropologie. Band 2: Entwicklung und Erziehung. Hannover: Schroedel.
Weinert, F. E. (Hrsg.). (2001). Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim: Beltz
Weinert, F. E. (2014). Leistungsmessungen in Schulen (aktualisierte Aufl. 3). Weinheim und Basel: Beltz Verlag
Web Literatur
Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) des Kantons Aargau (2018). Aargauer Lehr- plan Volksschule. Aargau: Lehrplan 21. Zugriff am 26.04.2020 unter https://ag.lehrplan.ch/ container/AG_DE_Fachbereich_BS.pdf
Abbildungen / Tabellen
Abb. 1: Verknüpfung von Kompetenzbereiche und den pädagogischen Perspektiven (aus: Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) des Kantons Aargau 2018, S. 4)
Abb. 2: Indikatoren (eigene Tabelle)
Abb. 3: Instrument zur Kompetenzüberprüfung im Sportunterricht (eigene Tabelle)